Historisches Kaleidoskop

 


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HISTORISCHES KALEIDOSKOP

 

Auf dieser Seite soll in unregelmäßigen Abständen an historische Persönlichkeiten und Ereignisse unserer Heimat erinnert werden.

 

Am 19. Februar 1770, vor 250 Jahren, wurde in Grünstadt der Österreichische Feldmarschall-Leutnant Graf August Georg zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen geboren

 

 

August Georg kam als Spross des pfälzischen Adelsgeschlechtes Leiningen, in dessen Residenz Grünstadt zur Welt. Dort besaß sowohl der Altleininger Zweig als auch der Neuleininger Zweig des Grafenhauses je ein Schloss in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander und sie übten auch abwechselnd die Regierungsgewalt in dem kleinen Ländchen aus. August Georg ist, als Angehöriger der Neuleininger Linie des Hauses, im Schloss Oberhof (Neugasse 2) geboren und aufgewachsen. Seine Eltern waren Graf Karl II. Gustav zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen (1747–1798) und dessen Gattin Philippine Auguste, Wild- und Rheingräfin zu Salm, aus Grumbach (1737–1792).

Als nachgeborener Sohn des regierenden Grafen sollte Graf August Georg eine militärische Karriere einschlagen; sein älterer Bruder Ferdinand Karl III. folgte dem 1798 verstorbenen Vater als regierender Graf nach, konnte aber die Herrschaft praktisch nicht mehr ausüben, da die Grafschaft Leiningen ab 1797 französisch besetzt war und von 1801 bis 1815 als Teil des Departements du Mont-Tonnerre auch formell zu Frankreich gehörte. Danach wurde der Kleinstaat nicht wieder restauriert und ging im Pfalzkreis des Königreichs Bayern auf.

Graf August Georg trat 1785 zunächst in niederländische Kriegsdienste und blieb dort bis 1787. Von 1789 bis 1791 diente er in der französischen Armee, die er schließlich wegen der sich im Lande steigernden Revolution verließ.

Graf Leiningen-Westerburg bewarb sich unmittelbar um eine Stelle in der österreichischen Armee, die er auch erhielt. 1792 begann er seine dortige Laufbahn als Kadett bei den Le Loup Jägern, im November des gleichen Jahres erhielt er die Ernennung zum Fähnrich in Clerfaits Infanterie Rgt. Nr. 9. Schon bald danach geriet er bei Kämpfen um die Festung Namur in französische Kriegsgefangenschaft und man brachte ihn als Geisel nach Frankreich. In Paris traf er mit seinem aus Grünstadt dorthin verschleppten Vater und seinem älteren Bruder, dem Erbgrafen zusammen. August Georg widersetzte und verschloss sich den Revolutionsideen vehement. Er konnte 1795, nach drei Jahren, zusammen mit dem Bruder entfliehen. Beide kamen nach abenteuerlicher Flucht in Grünstadt an, das sie von den Franzosen ausgeplündert vorfanden. Erbgraf Ferdinand Karl begab sich auf die familieneigene, rechtsrheinische Westerburg und führte von dort aus die Regierungsgeschäfte, Graf August Georg kehrte ins österreichische Heer zurück; der Vater erlangte zwar 1796 bei einem Gefangenenaustausch die Freiheit, verstarb aber schon 1798 auf der Westerburg.

August Georg zu Leiningen wurde nun als Leutnant im Infanterie Regiment „Kallenberg“, Nr. 54 eingestellt und hielt sich schon in den folgenden Gefechten seiner Truppe, bei Andel (1797) und bei Schaffhausen (1799) so wacker, dass man ihn wegen seiner Tapferkeit ausdrücklich im Heeresbericht erwähnte. Als Hauptmann kämpfte Graf August Georg in der Schlacht von Ulm, wo er am 15. Oktober 1805 ohne jeglichen Befehl einen Gegenangriff ausführte, für den er mit Datum vom 28. Mai 1806 das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens erhielt, die höchste persönliche Tapferkeitsauszeichnung im Habsburgerreich. Neben dem hohen Orden beförderte man den Grünstadter dafür zum Major. Auch 1809 in der Schlacht bei Aspern und der Schlacht bei Wagram sowie besonders bei Znaim, wo er im prasselnden Regen, der die Benutzung von Feuerwaffen unmöglich machte, mit einem scharfen Bajonettangriff den Feind über die Thaya drängte, festigte Leiningen seinen Ruf als einer der tapfersten und verwegensten Offiziere der österreichischen Armee. Den Bajonettangriff Graf Leiningens bei Znaim hat der Historienmaler Fritz L'Allemand 1845 in einem Gemälde verewigt.

 

Graf August Georg im Gefecht von Znaim  (Fritz L'Allemand 1845; Ausschnitt)

 

Als sich Österreich mit den anderen deutschen Staaten 1813 gegen Kaiser Napoleon erhob, kämpfte Graf August Georg zu Leiningen-Westerburg wieder aktiv in der österreichischen Armee. Als Oberst führte er das 11. Infanterie-Regiment in die Schlacht von Dresden, wo am 27. August 1813 seine Einheit umzingelt wurde und Graf Leiningen in einem kühnen Ritt der drohenden Gefangenschaft entkam, die ihn als „entflohenem Bürger“ aus den nunmehr französischen Gebieten der Pfalz möglicherweise das Leben gekostet hätte. Bei der Flucht rettete er beide Fahnen seines Regimentes und es kam zwischen ihm und seinen Verfolgern zu einem Pistolenkampf. Auch an den weiteren Militäraktionen der Befreiungskriege hatte der Graf ehrenvollen Anteil. 1814 schloss er in Südfrankreich die drei Forts Château de Joux, St. André und Pierre Chatel ein und erzwang die Übergabe. Nach dem Pariser Frieden verblieb Graf Leiningen bei der Besatzungsarmee in Frankreich, bis 1815 bei der Hauptarmee und im Armeelager zu Dijon, danach bis 1818 im Elsass.

In der folgenden Friedenszeit setzte sich der militärische Aufstieg des Grünstadter Offiziers rasch fort. 1821 avancierte er zum Generalmajor und ging als Brigadekommandeur nach Görz, 1829 wurde er Inhaber des Österreichischen Infanterie-Regiments Nr. 31 und wechselte 1830 in der gleichen Amtsstellung als Brigadekommandeur nach Mainz. 1832 erhielt Graf zu Leiningen die Beförderung zum Feldmarschallleutnant und wirkte nacheinander als Befehlshaber der Garnisonen von Graz, von Laibach und von Innsbruck, bevor er 1839 Kommandant der österreichischen Besatzung der Bundesfestung Mainz wurde, wobei er gleichfalls das Amt des Vizegouverneurs der gesamten Festung versah.

 

Graf August Georg als Vize-Gouverneur von Mainz (mit dem Mainzer Dom im Hintergrund)

 

Vom Kaiser noch ehrenhalber zum Oberleutnant der Acierenleibgarde und zum Kammerherrn erhoben, verstarb Graf August Georg zu Leiningen-Westerburg 1849 in Wien, im 79. Lebensjahr und nach 58-jähriger Dienstzeit für das Haus Habsburg. Als Todesursache wird eine „Lungenlähmung nach kurzer Krankheit“ genannt. Der Offizier wurde auf dem Währinger Friedhof, dem heutigen „Währinger Schubertpark“ beigesetzt, wo sich zu jener Zeit auch die Gräber Beethovens und Schuberts befanden. Er war verheiratet mit Charlotte Sophie Scholz von Schmettau (1790–1860); die Ehe blieb kinderlos.

 

Todesanzeige 

 

Obwohl die Leininger, wie viele andere deutsche Kleinfürsten ihre tatsächlichen Herrschaften verloren, blieben sie dennoch als Standesherren – ohne Regierungsgewalt – den regierenden Fürsten nahezu gleichgestellt und genossen Sonderprivilegien. Graf August Georg hatte seinen 1813 kinderlos verstorbenen Bruder Ferdinand Karl III. beerbt und war in dessen Standesherrschaft eingetreten. Diese bestand jedoch nur noch im Umkreis der Westerburg, einem der Familienstammsitze auf rechtsrheinischem Gebiet. Deshalb nannte er sich zusätzlich auch „Herr der Grafschaft Westerburg im Herzogtum Nassau“ und führte als Haupt einer ehemals reichsgräflichen Familie den Titel „Erlaucht“.

Das „Biographische Lexikon des Kaiserthums Österreich“, von Constantin von Wurzbach, Wien 1865, hält fest, dass die „Tapferkeit und Bravour“ von Graf August Georg zu Leiningen-Westerburg im österreichischen Heer geradezu „sprichwörtlich“ gewesen seien, außerdem habe er als einer der besten Schützen der ganzen Armee gegolten.

Sein Regimentsadjutant, der spätere Feldmarschallleutnant Florian von Macchio fertigte ihm 1830 eine ca. 4 Meter lange und 2 Meter breite, kunstvolle Stammbaumtafel aus Leinwand, die sich heute im Treppenhaus des Museums Grünstadt befindet.

 

Stammtafel des Grafen Georg August, heute Museum Grünstadt

 

Am 29. Januar 1890, vor 130 Jahren, starb der Grünstadter Sozialreformer Hieronymus Hofer

 

Geboren 1815 als Sohn des Grünstadter Schneiders Melchior Hofer und seiner Frau Katharina geb. Baltz besuchte er zunächst das hiesige Progymnasium. Von 1833 bis 1837 studierte Hieronymus Hofer Theologie an den Universitäten Erlangen und Utrecht. Dann trat er in den Dienst der Evangelischen Kirche der Pfalz. Er wurde Vikar in Mimbach und Odenbach, 1840–1844 Studienlehrer in Bad Bergzabern. Von 1844 bis 1859 amtierte  Hofer als Pfarrer von Weisenheim am Berg, 1859 bis 1870 von Edenkoben und 1870 bis 1888 als Pfarrer und Dekan von Frankenthal. 1888 ging er in Pension und zog nach Speyer, wo er zwei Jahre später starb.

 

Pfarrer Hieronymus Hofer 

 

Hofer war seit 1841 verheiratet mit Juliane Luise Ernestine Heintz (1815–1847), Tochter des Oberkonsistorialrats und protestantischen Münchner Hofpredigers Philipp Casimir Heintz, sowie Schwester des späteren bayerischen Justizministers Carl Friedrich Heintz. Das Paar bekam vier Kinder, die bei oder kurz nach der Geburt starben.

Am 1. Weihnachtstag 1853 gründete sich auf Initiative von König Max II. in München der überkonfessionelle St. Johannisverein für freiwillige Armenpflege in Bayern. Damit nahm sich der Monarch dieses Anliegens tatkräftig an, gab ihm eine Organisation auf halbstaatlicher Basis und verschaffte ihm öffentliche Aufmerksamkeit. Innerhalb von nur sechs Jahren folgten landesweit 634 Zweigvereine mit 88.000 Mitgliedern. 1855 entstand auch ein St. Johannis-Zweigverein für den Kanton Dürkheim. Pfarrer Hieronymus Hofer gehörte zu den Mitgründern und ersten Aktivisten, er leitete auch dessen Generalversammlungen. In seiner damaligen Gemeinde Weisenheim am Berg rief er 1857, trotz großer Widerstände, einen Ortsverein ins Leben, 1858 zudem eine Spar- und Hilfskasse. 

Zur 3. Jahreshauptversammlung des Kantonalvereins verfasste er 1858 die Schrift "A B C der Armenpflege", welche die vielfältigen Tätigkeiten detailliert beschrieb und als Anregung für Aktivisten anderer Landesteile dienen sollte, wie eine möglichst sachdienliche Arbeit geleistet werden könnte. Die Publikation wurde im linksrheinischen Bayern zur Grundlage der diesbezüglichen Tätigkeiten. Die Hilfe für Arme und Bedürftige war zeitlebens eines der Hauptanliegen von Hieronymus Hofer.

 

 

Pfarrer Hofers "ABC der Armenpflege", 1858

 

In Anerkennung seiner vielfältigen Verdienste verlieh ihm der König das Kreuz 1. Klasse, des Bayerischen St.-Michaels-Ordens.

 

 

Bayern, Verdienstorden vom Hl. Michael

 

In Frankenthal trägt seit 1999 das Altenhilfezentrum Hieronymus-Hofer-Haus seinen Namen. In dessen Webauftritt heißt es u. a.: „Hieronymus Hofer zählt zu den Wegbereitern der pfälzischen Diakonie in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit seiner Schrift "ABC der Armenpflege" aus dem Jahre 1858 setzte er für die Pfalz einen diakonischen Meilenstein. Sein Anliegen: Verhinderung von Armut und Bettelwesen durch Stärkung von Eigenverantwortung und Selbsthilfe der betroffenen Menschen und Koordination der Hilfeleistungen von Staat, Kirchen und Vereinen.“

 

 

Am Fronleichnamstag 1699, vor 320 Jahren, legte Graf Philipp Ludwig von Leiningen-Westerburg-Rixingen den Grundstein zur Kapuzinerkirche mit Kloster und man errichtete ein Kreuz in der Obersülzer Strasse

 

Dort wo sich heute in Grünstadt der Kreisverkehr zwischen Polizei und katholischer Kirche befindet, erhebt sich ein mächtiges, modernes Sandsteinkreuz des hiesigen Künstlers Martin Schöneich. Der Gekreuzigte hat keine Haare und soll einen Krebskranken darstellen, womit man ausdrücken wollte, dass Christus am Kreuz auch diese aktuelle Geißel der Menscheit mitgetragen hat. Dass dieses Kreuz hier steht kommt nicht von ungefähr, denn es hat einen Vorgänger der vor genau 300 Jahren dort errichtet wurde. 

 

Ansicht der Obersülzer Straße, mit dem alten Kreuz, um 1900. Zerstört 1945.

 

Zu jener Zeit war dort nur Feld und das Gelände gehörte dem in Boßweiler als Kleinst-Landesherr residierenden Freiherrn Philipp Wilhelm Merz von Quirnheim. Sein Freund, Graf Philipp Ludwig von Leiningen-Westerburg wollte den Kapuzinern im 1689 von den Franzosen niedergebrannten Grünstadt, seiner gräflichen Hauptstadt, ein Kloster erbauen lassen. Philipp Wilhelm Merz von Quirnheim schenkte den Kapuzinern den Bauplatz    und am Fronleichnamstag 1699 kam man dort zusammen. Graf Philipp Ludwig legte persönlich den Grundstein zur Kirche und man begann an diesem Tag mit der Errichtung eines Sandsteinkreuzes, das im nächsten Jahr vollendet wurde und bis ins Frühjahr 1945 stand, als es von einer Panzergranate weggeschossen wurde. Offenbar hatte man wegen der überwiegend protestantischen Bevölkerung Grünstadts bewusst auf einen Korpus verzichtet, also -- wenn man so will -- eine frühe ökumenische Geste.  

 

Das alte Kreuz, um 1900, rot eingerahmt das heute noch erhaltene Fragment mit Jahreszahl (es steht in der jetzigen Grünanlage)

 

Es handelte sich um ein Kreuz mit Kleeblattenden, das auf dem Längsbalken die Jahreszahl der Fertigstellung "1700" trug und im Zentrum eine Dornenkrone mit den Namen-Jesu-Initialen "IHS". Die Kirche wurde 1707 eingeweiht und steht umgebaut bis heute, als kath. Pfarrkirche. Von dem Kreuz blieb nach dem 2. Weltkrieg nur eine Spolie, nämlich ein Stück vom Längsbalken, mit der Jahreszahl "1700" übrig. Sie war bis zur Errichtung des heutigen Kreuzes in die Umfassungsmauer der Kirche eingelassen. 

 

Feldmarschall, Graf Philipp Ludwig von Leiningen-Westerburg, der den Grundstein legte. Er fiel als einer der tapfersten und umsichtigsten Offiziere, unter Prinz Eugen von Savoyen, 1705, in der Schlacht bei Cassano. 

Heute steht sie unbeachtet am Boden in der dortigen Grünanlage. Als die Örtlichkeit vor ca. 30 Jahren neu gestaltet werden sollte trug der Schreiber dieser Zeilen, als Pfarrgemeinderat, an den damaligen Pfarrer Paul Schneider (der ursprünglich nichts von dem früheren Kreuz und seiner Bedeutung wusste) die Bitte heran, jenes Kreuz, unter Verwendung des alten Originalstücks, wieder in seiner früheren Form herstellen zu lassen, da es stadthistorisch bedeutend sei. Dies wurde zugunsten des jetzigen modernen Monumentalkreuzes abgelehnt, die Spolie dem Verfall preisgegeben. 

     

Im Frühjahr 1819 wurde die alte Peterskirche abgerissen

 

Die alte Peterskirche war eine der beiden ursprünglichen Kirchen der Stadt Grünstadt. Es gibt keine baulichen Überreste mehr; an sie erinnert jedoch der örtliche "Peterspark" (alter Friedhof), in dem sie einst stand; ebenso die in diesem Bereich liegende St.-Peter-Straße. 

 

Grünstadt entstand aus zwei Hauptsiedlungen, die zusammenwuchsen. Eine im Süden des heutigen Stadtkerns, um die noch existierende Martinskirche herum, welche dem Kloster Glandern gehörte und eine andere im Norden, mit der alten Peterskirche, als Eigentum der Abtei Weissenburg. Beide Kirchen unterstanden geistlich dem Bistum Worms. 

 

Die Südsiedlung um St. Martin wurde – ohne einen Kirchenbau zu nennen – am 21. November 875 erstmals urkundlich erwähnt, als König Ludwig der Deutsche der Abtei Glandern bei Metz dieses Hofgut zurückerstattete.

 

Etwa zeitgleich, um 900, ist auch die nördliche Siedlung des Klosters Weißenburg, in dessen Güterverzeichnis aufgeführt und sogar eingehend beschrieben. Es handelte sich demnach um die Kirche St. Peter, einen Pfarrhof (der auf die Bedeutung des Ortes hinweist), einen Herrenhof mit großem Wirtschaftsgebäude und 14 Bauernhöfe. Die Infrastruktur dieses Besitzstandes lässt auf ein hohes Alter schließen. In diesem Bereich entdeckte römische, merowingische und fränkische Gräber belegen eine frühe Besiedlung und die kontinuierliche Nutzung des Umfelds der späteren Kirche als Begräbnisstätte. Den Friedhof nutzte man bis 1874 ließ ihn dann auf und wandelte ihn in den heutigen Peterspark um.

 

Die Peterskirche wurde durch die kath. Kirchengemeinde 1818 veräußert und 1819 abgerissen, da seit Anfang des 18. Jahrhunderts eine neuere und größere katholische Kirche im Süden der Stadt existierte, die jetzt noch bestehende Kapuzinerkirche. Auf sie übertrug man das historische Peterspatrozinium der alten Kirche bei deren Abriss. Es ist die heutige katholische Pfarrkirche St. Peter. Der Kirchenpatron St. Petrus dürfte vom Kloster Weißenburg her rühren, da dessen Abteikirche ebenfalls diesem Apostel geweiht war. Ähnliches gilt für die Grünstadter Martinskirche, die ihr Patrozinium offenbar von der gleichnamigen Abteikirche des Klosters Glandern erhalten hat.

 

Von der alten Peterskirche weiß man dass es sich um eine Wehrkirche handelte, die nach Osten mit einer Wehrmauer befestigt war, welche in alten Güterbeschreibungen „Heilige Mauer“ oder „Heiligenmauer“ heißt, entweder da sie den heiligen Bezirk begrenzte oder da sie einen Bildstock aufwies. Die Peterskirche lag im nördlichen Teil des Petersparks, links vom Hauptweg, direkt neben der Asselheimer Straße. Dort ist das Parkgelände heute noch leicht erhöht und fällt nach Osten, zum heutigen Spielplatz hin, stark ab. Hier stand bis 2015 noch ein bedeutender Teil der uralten Wehrmauer (oder „Heiligen Mauer“) mit Schießscharten und Resten der Sandsteinbekrönung. Leider wurde er seither durch die Stadtverwaltung abgerissen und eingeebnet.

 

 

Mittelalterliche Wehrmauer mit Zinnenbekrönung und Schießscharten als östlicher Abschluß des Kirchenareals (nach 2015 abgerissen!!)

 

Das genaue Aussehen der alten Peterskirche kennt man nicht. Es existiert jedoch eine ungenaue Darstellung auf einer stilisierten Ansicht Grünstadts vor der Zerstörung von 1689. Sie befindet sich in Privatbesitz und war eingemauert im Innenbereich des Anwesens Neugasse 46. Darauf ist neben der Martinskirche (mit gotischem Spitzhelm) auch die kleinere Peterskirche mit einem zinnenbekrönten Turm, hinter der Befestigungsmauer zu sehen. Demnach dürfte sie der noch vorhandenen Brigittenkirche in Rodenbach oder der Martinskirche in Kleinbockenheim geähnelt haben.

 

 

Alte Peterskirche mit Wehrmauer

 

Das Wormser Synodale von 1496 beschreibt sie als Pfarrkirche mit 4 Altären, wovon der Hauptaltar und ein Nebenaltar St. Maria, 2 Seitenaltäre St. Katharina von Alexandrien und St. Nikolaus geweiht waren. In jenem Jahr übten die Herren von Reipoltzkirchen und Friedrich Blick von Lichtenberg das Kirchenpatronat abwechselnd aus und hatten die Baulast zu tragen. 1562 führten die lutherisch gewordenen Grafen von Leiningen in Grünstadt die Reformation ein und erlangten zudem 1565, durch Tauschvertrag, auch das Kirchenpatronat der Peterskirche; diese wurde lutherische Kirche. Graf Philipp Ludwig, der 1671 zur katholischen Kirche konvertiert hatte, räumte den Katholiken zunächst das Mitbenutzungsrecht ein. Als es fortdauernd zu konfessionellen Streitigkeiten kam, erhielten sie 1689 das alleinige Nutzungsrecht, während man den Lutheranern die Martinskirche zusprach. So blieb es bis zum Abriss der Peterskirche, der umgebende Friedhof war jedoch gemischt konfessionell. 1689 und 1794 wurde das Gotteshaus von den Franzosen beraubt und verwüstet.

 

 

Der in Grünstadt geborene Theologe Carl Friedrich Heman starb vor 100 Jahren

 

Er wurde am 30. August 1839 in Grünstadt als Sohn des 1833 vom Judentum zum evangelischen Christentum konvertierten Lehrers Heinrich Wilhelm David Heman (1793–1873) geboren. Dieser stammte aus Kindenheim und hatte durch die Konversion seine Stelle als Lehrer an der jüdischen Schule in Grünstadt verloren. Deshalb stellte ihn der mit ihm befreundete Schulleiter Heinrich Dittmar als Mathematiklehrer an der hiesigen Lateinschule ein, von wo er 1844 nach Basel übersiedelte und die Leitung des vom evangelischen „Verein der Freunde Israels“ betriebenen „Proselytenhauses“ übernahm.

 

Prof. Carl Friedrich Heman 

 

Der Sohn Carl Friedrich Heman kam zur Welt, während sein Vater in Grünstadt als Mathematiklehrer wirkte und verzog 1844 mit der gesamten Familie nach Basel. Dort besuchte er die Schule und wechselte 1857 auf das Gymnasium Zweibrücken, wo er die letzte Klasse und das Abitur absolvierte. 1858 kehrte Carl Friedrich Heman nach Basel zurück und begann Philosophie zu studieren. Ab 1860 besuchte er die Universität Erlangen und widmete sich der evangelischen Theologie. Dieses Studium setzte er ab 1861 in Tübingen und nach einer kurzen Unterbrechung durch den Militärdienst, ab 1863 in Basel fort. 1864 legte er das theologische Examen bei der Protestantischen Landeskirche der Pfalz in Speyer ab und wurde an der Universität Tübingen im Fach Philosophie promoviert.

 

1864–1871 wirkte Heman als Pfarrvikar in Germersheim. Hier heiratete er 1870 Sophie Blaul (1843–1930), die Tochter des verstorbenen Stadtpfarrers und Heimatdichters Georg Friedrich Blaul, mit der er sieben Kinder hatte. Ab 1871 amtierte Carl Friedrich Heman als evangelischer Pfarrer im pfälzischen Konken. 1874 folgte er seinem im Vorjahr verstorbenen Vater im Amt als Leiter des Baseler Proselytenhauses der „Freunde Israels“ nach.

 

1883 habilitierte er sich an der Universität Basel in Theologie und wurde 1888 zum außerordentlichen Professor ernannt, jedoch lehrend an der Philosophischen Fakultät in den Fächern Philosophie und Pädagogik. Dieser Fachwechsel hatte offenbar mit den ihm öfter vorgeworfenen „katholisierenden Tendenzen“ zu tun, die u. a. in der Hochschätzung der scholastischen Philosophie und Theologie bestanden.

Altersbild

 

1916 trat er von seinen Universitätsämtern zurück und starb am 3. April 1919 in Basel. Carl Friedrich Heman war befreundet mit dem Mathematiker Georg Cantor und persönlich bekannt mit Theodor Herzl, dessen 1. Zionistischen Weltkongress in Basel er 1897 mit organisierte, da auch er die Schaffung eines eigenen jüdischen Staates als notwendig ansah.

 

Heman verfasste eine große Zahl von Büchern und Schriften, hauptsächlich zu philosophisch-theologischen Themen, aber auch zur Geschichte des Judentums. Sie wurden teils übersetzt in andere Sprachen und teils auch in neuerer Zeit nachgedruckt bzw. wieder aufgelegt.

 

 

Vor 200 Jahren starb Graf Christian Ludwig zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen

 

Christian Ludwig wurde 1771 als Angehöriger der Neuleininger Linie seines Hauses, im Schloss Oberhof (Neugasse 2) zu Grünstadt geboren und wuchs hier auf. Seine Eltern waren Graf Karl II. Gustav zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen (1747–1798) und seine Gattin Philippine Auguste, Wild- und Rheingräfin zu Salm (1737–1792).

 

 

Graf Christian Ludwig mit dem Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens
 
 
Sein Bruder August Georg und er selbst waren als nachgeborene Söhne des regierenden Grafen für eine militärische Karriere bestimmt; ihr ältester Bruder Ferdinand Karl III. folgte dem 1798 verstorbenen Vater als regierender Graf nach, konnte aber die Herrschaft praktisch nicht mehr ausüben, da die Grafschaft Leiningen ab 1797 französisch besetzt war und von 1801 bis 1815 auch formell zu Frankreich gehörte. Danach wurde der Kleinstaat nicht wieder restauriert.

 

Während der Bruder und spätere Feldmarschallleutnant August Georg zunächst im holländischen bzw. im französischen Heer diente und erst 1792 in die österreichische Armee eintrat, tat der jüngere Christian Ludwig dies schon 1790. In jenem Jahr wurde er Leutnant im österreichischen Infanterie-Regiment „Bender“ Nr. 41. Das „Biographische Lexikon des Kaiserthums Österreich“, von Constantin von Wurzbach (Wien 1865) konstatiert, dass Christian Ludwig zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen, ebenso wie sein Bruder August Georg, „bei vielen Gelegenheiten Beweise seiner Unerschrockenheit und ausgezeichneter Tapferkeit“ gab. Bei der Belagerung von Mainz rettete Christian Ludwig am 18. Juli 1793 als Oberleutnant ein Pulvermagazin vor der drohenden Explosion. Als Hauptmann führte er 1796 bei Lauterbach (Hessen), Freiwillige über die Berge in den Rücken der Franzosen und griff sie unerwartet an. Hierbei wurde er schwer verwundet. Beim Angriff auf Graubünden 1799 erbeutete Graf Leiningen mit Unterstützung von Tiroler Landesschützen zwei französische Kanonen, fünf Munitionswagen sowie viele Gewehre und reichlich Munition. 1805 avancierte der Grünstadter zum Major.

1809 unterstützte er als Oberstleutnant im 26. Infanterie-Regiment den Tiroler Volksaufstand gegen Bayern und Franzosen. Das „Themenportal 1809“ der Autonomen Provinz Bozen hält in einem Gedenkeintrag über den Pfälzer Prinzen fest: „Graf Leiningen-Westerburg kämpfte aus tiefer innerer Überzeugung heraus für die Befreiung Tirols aus bayerischer Herrschaft.“ Josef von Hormayr berichtet diesbezüglich in seinem Buch „Geschichte Andreas Hofer's, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführers der Tyroler, im Kriege von 1809“, Brockhaus Verlag Leipzig, 1817 (Seite 118), dass Graf Leiningen „anfing, der Liebling der Tyroler zu werden und insbesondere Andreas Hofer persönlich ungemein zusagte“

Für den 24. April 1809 war von Feldmarschallleutnant Johann Gabriel von Chasteler der österreichische Angriff auf Trient festgesetzt worden. Christian Ludwig von Leiningen sollte mit seinem Kontingent eine gewaltsame Erkundung durchführen, um über den feindlichen Truppenstand informiert zu sein; sie begann am 20. April. Schon während dieser Erkundung verwickelte Leiningen die Franzosen in ständige Gefechte, so dass sie bereits am 22. April – also zwei Tage vor der geplanten Schlacht – Trient räumten. Graf Leiningen ergriff sofort die Initiative und besetzte die Stadt selbstständig. Aus der sicheren Festung heraus ließ er seine relativ geringen Kräfte guerillaartige Angriffe in der Umgebung ausführen, um den Gegner zu binden. Hiervon ist besonders der Überfall auf Bassano del Grappa, am 3. Juni 1809 erwähnenswert. Bei diesen Scharmützeln kam wiederholt Andreas Hofer persönlich mit seinen Männern dem von ihm geschätzten Grafen Leiningen zu Hilfe. Die Franzosen wollten Leiningen mit seiner kleinen Schar wieder aus Trient vertreiben. Als dies bekannt wurde, sammelten sich am 9. Juni 1809 in Lavis 13 Kompanien Tiroler Schützen und rückten gegen Trient vor. Christian Ludwig zu Leiningen unternahm mit seiner Truppe gleichzeitig einen Ausfall aus der Festung, wodurch sich die Feinde zum Abbruch der Aktion und zum fluchtartigen Abzug genötigt sahen.

 

Maria-Theresien-Kreuz, bis 1918 die höchste österreichische Tapferkeitsauszeichnung

 

 

Auch in den folgenden Wochen leistete Graf Christian Ludwig zu Leiningen bei der Verteidigung und Erhaltung von Tirol wertvolle Dienste. In Anerkennung seiner vielfach bewiesenen Tapferkeit im Kampf um die Befreiung Tirols wurde er schließlich laut Armeebefehl vom 25. August 1809 mit dem Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens, der höchsten österreichischen Tapferkeitsauszeichnung belohnt. Außerdem erhielt er im Oktober 1809 seine Ernennung zum Oberst.

Nach dem Friedensdiktat von Schönbrunn, durch welches man Ende 1809 Tirol opferte und Österreich unter schmerzlichen Verlusten zum Verbündeten Frankreichs machte, gab der österreichische Kaiser seine Tochter Marie-Louise dem Sieger Napoleon Bonaparte zur Frau. Christian Ludwig zu Leiningen wurde Regimentskommandeur in Klagenfurt. Viele Patrioten sahen die neue Politik der Freundschaft mit Frankreich als „schändlich“ an. Dazu gehörte auch Graf Leinigen. 1810 spann er illegale Kontakte zu englischen Agenten und erbot sich als Anführer für eine „allseitige Aufstandsbewegung“. Französische Spionage deckte die Angelegenheit frühzeitig auf und man informierte Minister Metternich darüber. Dieser ließ Leiningen am 13. Januar 1811 in Klagenfurt ablösen. Zum 1. August 1811 trat er aus dem österreichischen Heer aus; 1812 kam es zum Briefwechsel zwischen dem Grünstadter Grafen und dem Zaren von Russland. Leinigen wollte bis zu 60.000 Mann aufbieten, um sie vom Süden her in den Rücken der gegen Russland aufmarschierenden napoleonischen Armee zu führen, wozu ihm der Russenherrscher einen Anfangsbetrag von 3000 Gulden übersandte um Leute anzuwerben. Daraufhin verbannte man den hochdekorierten Offizier an die ungarische Ostgrenze des Reiches, wo er unter geheimpolizeilicher Bewachung stand und das Vorhaben nicht ausführen konnte.

Ab Oktober 1812 lebte Graf Christian Ludwig zu Leiningen als Privatmann im heute  rumänischen Arad. Er war seit 8. April 1809 verheiratet, mit Gräfin Seraphina Franziska von Porcia aus Venedig. Seine Frau starb 1817, er selbst am 20. Februar 1819, also vor genau 200 Jahren. 

 

Die Gattin Seraphina Franziska geb. von Porcia

 

Ihre beiden Kinder Christian Franz Seraph (1812–1856) und Seraphine Franziska Barbara (1810–1874) blieben als Vollwaisen zurück und wurden vom Onkel August Georg und dessen Frau erzogen.

 

Der Sohn, Feldmarschall-Leutnant Christian Franz Seraph zu Leiningen (1812-1856)

 

Christian Ludwigs Sohn Christian Franz Seraph avancierte – wie der ihn erziehende Onkel August Georg – zum Feldmarschall-Leutnant im österreichischen Heer, verstarb jedoch schon 1856. Seraphine Franziska Barbara folgte ihrem verstorbenen Bruder, der den kinderlosen Onkel als leiningischer Standesherr mit dem Titel „Erlaucht“ und einem Sitz in der 1. Kammer der Landstände des Herzogtums Nassau beerbt hatte, in dessen Rechten nach. Sie residierte viele Jahre in Schloss Westerburg, als Wohltäterin der katholischen Kirchengemeinde und politikinteressierte, resolute „Landesmutter“. Als sie 1874 ihren Tod nahen fühlte ging sie zurück nach Österreich, wo sie kurz darauf in Innsbruck verstarb und beigesetzt wurde. Mit ihr erlosch der Familienzweig Leiningen-Westerburg-Neuleiningen; alle Rechte und Güter fielen an die Linie Leiningen-Westerburg-Altleiningen.

 

 

Vor 260 Jahren wurde der Maler Johann Adam Schlesinger in Ebertsheim geboren und starb vor 190 Jahren in Grünstadt

 

Johann Adam Schlesinger wurde 1759 (genaues Datum unbekannt) als Sohn des Steinhauers Johann Schlesinger und dessen Ehefrau Carolina geb. Trübenbach, in Ebertsheim geboren. Die Malkunst hatte er von seinem dortigen Großvater Johann Trübenbach erlernt, der selbst als ländlicher Maler in diesem Metier tätig war.

 

Selbstporträt im Museum im Alten Rathaus Grünstadt

 

Der junge Schlesinger studierte in Berlin und heiratete die Grünstadter Bürgerstochter Catharina Barbara Becker. Mit ihr siedelte er sich zunächst in Worms an, kehrte aber bald nach Grünstadt, in die Heimat seiner Frau zurück, wo er zum Hofmaler der hier residierenden Leininger Grafen avancierte. Dort bewohnte die Familie das Eckhaus Jakobstraße/Berggasse (später Lebensmittelgeschäft Rupp). Hier in Grünstadt starb der Künstler am 7. Februar 1829. 

 

Schlesingers Kreuzaufrichtung in der kath. Kirche Grünstadt

 

Johann Adam Schlesinger war in der Region ein renommierter Maler; viele Bilder für Kirchen, aber auch Porträts und Stillleben stammen von seiner Hand. Für die katholische Pfarrkirche von Grünstadt schuf er um 1805 das eindrucksvolle Altargemälde  „Kreuzaufrichtung“, das ihn dort bis heute unvergessen macht. In der protestantischen Friedenskirche der Stadt hängt ein Lutherportrait von ihm. Ebenso befinden sich Gemälde von Johann Adam Schlesinger in der Nikolauskirche von Kleinkarlbach (Kanzel und Empore) und in der Stephanskirche von Ebertsheim. Die dortige Darstellung „Luther mit dem Schwan“ gehört neben der Grünstadter „Kreuzaufrichtung“ zu seinen bekanntesten Werken. Im protestantischen Dekanatsmuseum bei der Martinskirche Grünstadt sind mehrere Schlesingerbilder ausgestellt, die aus dem Gotteshaus von Kircheim/Weinstraße stammen. Auch unser Museum im Alten Rathaus besitzt mehrere Gemälde von ihm, u.a. ein Selbstporträt und ein Porträt seiner Frau. Zwei Stillleben, mit Erdbeeren und mit Johannisbeeren, hängen in der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel Berlin.

In den Jahren 1812 und 1813, als das Gebiet zur Französischen Republik gehörte, ist Schlesinger in der Wormser Freimaurerloge „Du Temple réédifié de l'Ámitié fraternelle“ als Mitglied nachgewiesen. 

 

 

Johann Adam Schlesinger, Sillleben mit Blumen und Vogelnest, Museum Grünstadt

 

 

      Die beiden Schlesingerstillleben in der 

      Alten Nationalgalerie Berlin 

      (eines mit Vogelnest als Beiwerk)

 

Nach Johann Adam Schlesinger ist die Grünstadter „Schlesingerstraße“ benannt. 2012 erhielt die Grundschule Ebertsheim den Namen: Johann-Adam-Schlesinger-Grundschule. Sein Sohn Johann Jakob (1792–1855) sowie sein Bruder Johann (1768–1840) waren ebenfalls namhafte Pfälzer Kunstmaler. 

 

 

Früchtestillleben mit Vogelnest des Großneffen Georg Forster (1817–1896) in USA (er fügte seinen Stillleben oftmals die schon für den Großonkel Johann Adam Schlesinger typischen Vogelnester hinzu)

 

Auch sein Neffe (Sohn seiner Schwester Anna Maria Philippina Schlesinger) Georg Otto Forster (1791–1851) malte in Sausenheim Porträts und Stillleben. Dessen Sohn Georg Forster (1817–1896) wanderte 1865 von Sausenheim nach USA aus und wurde dort zu einem der berühmtesten Stilllebenmaler seiner neuen Heimat. Wie die Bilder seines Großonkels weisen auch seine Stillleben als Beigabe öfter Vogelnester auf.   

 

Zum 230. Geburtstag des Grünstadter Pfarrers und Bildhauers Dr. Bernhard Würschmitt

 

Künstlersignatur von Bernhard Würschmitt

Geboren am 21. November 1788 in Mainz war Bernhard Würschmitt eines von 16 Kindern des Ivo Franz-Xaver Würschmitt, kurfürstlich Mainzischer Hofgerichts- und Regierungsrat sowie dessen Ehefrau Susanna Theresia Fritz. Eine seiner Schwestern wurde Äbtissin.

Bei der französischen Eroberung von Mainz flüchtete die Familie 1792 nach Erfurt. Dort wuchs der Junge auf und besuchte das katholische Gymnasium. Er studierte in Erfurt und Aschaffenburg, die Priesterweihe erfolgte am 25. Juni 1816 in Würzburg durch Weihbischof Gregor von Zirkel. Bernhard Würschmitt amtierte als Kaplan in Aschaffenburg, Gailbach, Haibach, Röllbach und Miltenberg, promovierte dann in Philosophie und wurde 1821 Pfarrer zu Breuberg im Odenwald, 1825 in Steinfeld; alles Ortschaften die zum rechtsrheinischen Überrest des früheren Erzbistums Mainz gehörten (sogenanntes Vikariat Aschaffenburg).

1826 wechselte der Priester in die Diözese Speyer, deren neuer Bischof Matthäus Georg von Chandelle ebenfalls aus Aschaffenburg stammte und wo Würschmitts Bruder Bruno Adolf bereits als Pfarrer von Neustadt an der Haardt, später als Domkapitular in Speyer wirkte. Am 3. März 1826 trat Bernhard Würschmitt ins Bistum Speyer über und wurde  Pfarrer von Grevenhausen (heute Lambrecht). Am 29. November 1828 übernahm er das Amt des Stadtpfarrers von Grünstadt und wechselte 1832 nach Schwanheim. Am 9. April 1836 erfolgte die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Anschließend lebte der Geistliche als Emeritus und Künstler in Bad Bergzabern, wo er am 18. Juni 1853 verstarb.

 

Klassizistischer Altar Würschmitts in der kath. Kirche Esthal

 

Würschmitt war neben seinem Priesterberuf auch als Bildhauer und Kunstmaler tätig. Er fertigte außer Gemälden und Altären sehr viele Skulpturen, zumeist qualitative  Grabsteine; wovon heute noch viele erhalten sind, u. a. zwei Stück für Pfarrer Gabriel Hagspiel und Bürgermeister Wilhelm Bordollo im Peterspark Grünstadt. In der katholischen Kirche von Lambrecht stammen das Hochaltargemälde „Kreuzigung Christi“, das Ölgemälde „Maria Immaculata“ und ein außergewöhnlicher Kanzel-Beichtstuhl von seiner Hand. Ebenso hat sich in der katholischen Kirche von Esthal ein klassizistischer Hochaltar von Bernhard Würschmitt erhalten.

         

        Grabsteine für Gabriel Hagspiel und Wilhelm Bordollo im Peterspark Grünstadt 

 

Am 14. Juni 1829 empfing er in Grünstadt, vor der katholischen Pfarrkirche, König Ludwig I. von Bayern und feierte einen Fest-Gottesdienst in seiner Anwesenheit. Würschmitt war ein Wohltäter der Armen, hatte jedoch wegen seiner oftmals aufbrausenden Art permanent Schwierigkeiten mit seinen Pfarrkindern. Walter Lampert schreibt dazu in seinem Buch "1100 Jahre Grünstadt" (1975): „Eine impulsive Natur, die mit Heftigkeit alles bekämpfte, was seinen Gefühlen widerstrebte. Für die Armen gab er seinen Rock und sein Hemd her und ging ihnen mit Rat und Tat zur Hand.“ Bernhard Würschmitt neigte auch zu derben Späßen. In Grünstadt ist überliefert, die Schneider-Zunft habe bei ihm ein gemaltes Zunftschild für ihr Versammlungslokal bestellt, das er mit dem Symbol eines Geißbockes versah. Als diese sich darüber beschwerte und eine andere Bemalung verlangte, tat er dies mit wasserlöslicher Farbe. Das Schild wurde wieder aufgehängt, die nächsten Regengüsse wuschen jedoch die Übermalung ab und es erschien zur allgemeinen Erheiterung bzw. als Ursache von neuen Streitigkeiten wieder der Bock. 

Nach seiner 1836 durch den Speyerer Bischof aus den vorgenannten Gründen zwangsweise verfügten Ruhestandsversetzung lebte er nur noch für die Kunst, starb als gläubiger Katholik und ohne seinen priesterlichen Pflichten untreu geworden zu sein. Seinem Bruder, Professor Bruno Würschmitt, Domkapitular in Speyer, Naturkundler und Mitbegründer der Pfälzer Pollichia, fertigte er einen außergewöhnlichen Grabstein mit Tier- und Pflanzendarstellungen, auf dem Speyerer Domkapitelsfriedhof.

 

 

Eidechse und Farn, Detail vom Grabstein für den Bruder Bruno, Mitbegründer der Pollichia

 

Für den Friedhof in Hagenbach schuf er eine imposante Kreuzigungsgruppe, auf das von ihm ausgeführte Friedhofskreuz in Erlenbach setzte er 1838 die autobiographische Inschrift: „Haec Icon divi Christi salvatoris miseri manu sacerdotis sculpta“ (= „Dieses Bild Christi, des göttlichen Erlösers, ist durch die Hand eines unglücklichen Priesters ausgemeißelt worden“)

 

1842 fertigte Bernhard Würschmitt ein 4,50 m hohes Grabmal für den Bergzaberer Forscher und Weltreisenden Johann Bürger, genannt die "Würschmitt-Pyramide". Sie wurde 2016 aufwändig restauriert, da sie zu den besten Bildhauerarbeiten der Stadt zählt. Auf ihr sind u.a. durch verschiedenartige Köpfe die Erdteile symbolisiert. 

 

 

Die Würschmitt-Pyramide in Bad Bergzabern

 

Im Juni 1849 wurde Würschmitt von pfälzischen Freischärlern gefangen genommen und misshandelt. 1851 prägte er als Zeuge vor dem Spezialgericht, hinsichtlich der einstigen Revolutionäre, das in die pfälzische Geschichtsschreibung eingegangene Wort:

 

„Die da rot waren wie Ochsenblut, sind heute blau (für den König) wie die Kornblume die auf dem Felde blüht.“

 

Der von König Ludwig II. hochgeschätzte Münchner Künstler Konrad Knoll stammte aus Bad Bergzabern und lernte bei Bernhard Würschmitt, ebenso wie der Mannheimer Bildhauer Wilhelm Hornberger, der in Meißenheim/Baden das Grabmal für Goethes Geliebte Friederike Brion schuf. Nicht zuletzt war auch Würschmitts Schüler Friedrich Sanwald aus Bad Bergzabern stark von ihm beeinflusst, der zusammen mit ihm, viele Grabsteine in einem eigentümlich maurischen Stil auf jüdischen Friedhöfen der Südpfalz kreierte. Man spricht von dieser Gruppe als der "Würschmitt-Schule".

 

 

Jüdischer Friedhof Busenberg. Grabsteinoberteil im maurischen Stil der Würschmitt-Schule, gefertigt vom Schüler Friedrich Sanwald  

 

Über Bernhard Würschmitt publizierte Dr. Otto Abel, Landau, 1938, das Buch "Dr. Bernhard Gottfried Josef Würschmitt, katholischer Pfarrer, ein Bildhauer in der Pfalz". Es umfasst eine Bestandsaufnahme aller damals noch vorhandenen Künstlerarbeiten des Priesters.

 

Vor 210 Jahren wurde in Grünstadt Jacob Fränkel, der 1. Militärrabbiner der USA geboren

 

Jakob Fränkel auf der modernen amerikanischen "Four Chaplains Medal"

 

Jacob Fränkel, oft in USA auch Jacob Frankel, wurde am 5. Juli 1808 in Grünstadt geboren. Fränkel entstammte einer hiesigen jüdischen Musikerfamilie mit langer Tradition. Mit seinen zwei Brüdern unternahm er Konzertreisen, unter anderem ins benachbarte Elsaß. Zunächst wurde Fränkel Kantor an der Grünstadter Synagoge, 1844 wechselte er nach Mainz. Schließlich wanderte er in die USA aus.

Ab 1848 bis ein Jahr vor seinem Tod fungierte Fränkel als Kantor und Leiter der 1795 gegründeten Rodeph Shalom Kongregation in Philadelphia, Pennsylvania, einer Gemeinde des aschkenasischen Reformjudentums. Er wird in zeitgenössischen Quellen als ausgezeichneter Tenorsänger von großer Freundlichkeit bezeichnet.

Die vielen Soldaten jüdischen Glaubens im Amerikanischen Bürgerkrieg führten zum Wunsch nach Militärrabbinern. Philadelphia war in jenem Krieg ein Zentrum zur Pflege von Verwundeten. Nach Durchsetzung einer Gesetzesänderung welche die Militärseelsorge auch für Juden ermöglichte, ernannte Präsident Abraham Lincoln, am 18. September 1862, Jacob Fränkel zum ersten Militärrabbiner der Vereinigten Staaten von Amerika. Neben seiner regulären Tätigkeit in der jüdischen Zivilgemeinde versah Fränkel dieses neu geschaffene Amt drei Jahre lang, bis zum Ende des Krieges, 1865. Er war in dieser Stellung hauptsächlich in den Militärhospitälern der Stadt tätig.

Fränkel verstarb am 12. Januar 1887 in Philadelphia, als Witwer und hinterließ zwei Söhne und zwei Töchter.

 

Jakob Fränkel

 

Isaak Fränkel, einer seiner Brüder, war am 20. Dezember 1877 in Grünstadt 74-jährig gestorben, nachdem er der hiesigen Synagoge über 50 Jahre als Kantor gedient hatte. 

 

Synagoge Grünstadt

 

 

Bei der Torpedierung und Versenkung des US-Kriegsschiffes Dorchester, taten sich 1943 vier amerikanische Feldgeistliche, darunter ein Feldrabbiner, aufopfernd hervor und starben in Erfüllung ihrer Ämter. Im Gedenken daran wurde 2014 von dem amerikanischen Bildhauer Eugene Daub (* 1942) eine Erinnerungsmedaille gestaltet und von der Jewish-American Hall of Fame verausgabt, die sogenannte Four Chaplains Medal. Ihre Vorderseite zeigt Jakob Fränkel als 1. Feldrabbiner der US-Armee, die Rückseite die gefallenen Geistlichen von 1943. 

 

 

Am 14. Juli 1928 ereignete sich in Grünstadt ein schrecklicher Raubmord 

 

An diesem Tag wurde die alleinstehende Geschäftsinhaberin Anna Mehle erschlagen. Sie war die 1862 geborene Tochter der Grünstadter Eheleute Wilhelm Mehle (1834–1909) und Helene geb. Heichemer (1835–1909). Ihr Bruder Emil Mehle besaß eine Fabrik für Aktenordner und Büroartikel in Göttingen.

Am Abend des 14. Juli 1928 wollten Nachbarn um 16.30 Uhr Anna Mehles Laden (Schillerplatz 7) betreten und fanden ihn – entgegen den sonstigen Gepflogenheiten – verschlossen vor. Zwei Stunden zuvor war die Geschäftsinhaberin noch dort gesehen worden. Gegen 18.00 Uhr versuchte man es erneut und stellte dabei fest, dass das südöstlich gelegene Hoftor unverschlossen war. Die Nachbarsfrau sah im Hof eine auf dem Boden liegende Person, den Kopfbereich mit Säcken bedeckt. Sie rief eine entfernte Verwandte der Ladenbesitzerin und betrat mit ihr das Grundstück. Der am Boden liegende Mensch war die tote Anna Mehle. Als man ihren Kopf aufdeckte, konnte man eine klaffende Stirnwunde mit reichlichem Blutaustritt erkennen, laut späterem Sektionsbericht 11 cm lang und 5 cm breit, mit eingeschlagenem Schädelknochen. Die unverzüglich alarmierte Polizei sperrte den Tatort ab und bewachte ihn rund um die Uhr.

Am nächsten Vormittag (Sonntag, 15. Juli) erschien eine Kommission des Landgerichts Frankenthal zur Tatortaufnahme, bestehend aus einem Ermittlungsrichter, dem Staatsanwalt, mehreren Kripobeamten, sowie dem telegrafisch einbestellten Professor Georg Popp (1861–1943) aus Frankfurt, einer kriminalistischen Kapazität. Im Hof entdeckte man ein Beil, mit dessen stumpfer Rückseite die Frau erschlagen worden war und einen sogenannten Totschläger, den der Mörder offenbar verloren hatte. Man rekonstruierte den Tathergang: Der oder die Täter hatten das Geschäft wohl normal durch die Ladentür betreten und diese hinter sich zugeschlossen. Als Fräulein Mehle den Überfall realisierte, flüchtete sie vermutlich durch eine Seitentür in den angrenzenden Hof. Laut Obduktion war sie gewürgt und dann erschlagen worden. Sie hatte am Tattag vom Briefträger eine Geldsumme in Höhe von 375 Mark ausgezahlt bekommen, um den gerade erfolgten Neuanstrich ihres Hauses bezahlen zu können. Diese waren verschwunden und in die Richtung der Mitwisser entwickelten sich auch die ersten Verdachtsmomente. Noch am gleichen Tag (15. Juli) nahm man zwei Tüncher fest, Vater und Sohn aus Bad Dürkheim. Sie hatten im Auftrag einer Grünstadter Firma bei Frau Mehle Malerarbeiten durchgeführt und wussten von dem Geld.

Der Tatort, Grünstadt, Schillerplatz 7

 

Das Opfer wurde am 17. Juli 1928, unter großer Anteilnahme, auf dem Friedhof Grünstadt beigesetzt. In der Todesanzeige hieß es: „... durch ruchlose Hand plötzlich entrissen“. Bei der Beerdigung war die Stadtverwaltung durch Bürgermeister Bordollo vertreten.

Die Tatverdächtigen wurden intensiv vernommen und ihr Wohnhaus in Bad Dürkheim durch Professor Popp und seine Helfer durchsucht. Dennoch konnten keine handfesten Beweise gegen sie ermittelt werde. Beide stritten die Tat nachdrücklich ab. Bei dem Verdacht bezog man sich zusätzlich auch auf eine Farbenmühle im Hof von Fräulein Mehle, die der ältere der beiden Verdächtigen von ihr hatte kaufen wollen, aber nicht bereit war, den verlangten Preis von 20 Mark zu bezahlen. Sie lag bei Auffindung der Leiche umgestürzt auf ihrem Bein. Nach einiger Zeit entließ man den Sohn, der Vater blieb als Hauptverdächtiger in Haft. Der Verdacht konnte letztlich nicht durch Tatsachen erhärtet werden und der Mann leugnete vehement.

Trotzdem erfolgte die Anklage. Am 4. Dezember des Jahres begann am Landgericht Frankenthal die Schwurgerichtsverhandlung, unter Vorsitz von Landgerichtsrat Joseph Guggemos, eines sehr geachteten Juristen, der Ende 1933 als Strafrichter abtreten musste, da er den kath. Pfarrer Karl Hilarius Wagner aus Kaiserslautern vom Vorwurf eines Verstoßes gegen das Heimtückegesetz freisprach. Es fanden zahlreiche Zeugenvernehmungen statt, ohne den Sachverhalt befriedigend aufklären zu können. Der früher ebenfalls festgenommene, aber zwischenzeitlich entlassene Sohn des Angeklagten verweigerte die Aussage. Eine Wendung führten die Angaben einer Frau aus Eisenberg herbei, die aussagte, dass sie im August, bei einem Gespräch über den Mordfall, von einem unbekannten Mann gehört habe, die festgenommenen Tüncher seien unschuldig. Er wisse, dass ein entfernter Verwandter von Frau Mehle sie wegen ihres Geldes ermordet habe, das er für seine bevorstehende Heirat benötigte. In der Tat konnte ein Verwandter des Opfers ermittelt werden, der eine Braut in Eisenberg hatte. Allerdings war er mittlerweile durch Suizid aus dem Leben geschieden. Die Braut und ihre Mutter bestritten zwar, dass der Tote etwas mit dem Mordfall zu tun hatte, es war aber auch nicht auszuschließen. Der angeklagte Maler aus Bad Dürkheim wurde am 8. Dezember 1928 aus Mangel an Beweisen freigesprochen, das Verbrechen konnte nie aufgeklärt werden.

 

Grab des Opfers, 2018

 

 

Zum 90. Jahrestag der Tat erschien 2018 ein Gedenkartikel in der Rheinpfalz. Der Altertumsverein Grünstadt hat mittlerweile das Grab des Opfers auf dem örtlichen Friedhof gereinigt und mit einer Gedenktafel versehen.